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Vortrag "E-Scooter"

Am Mittwoch, 13.11.2019, fand an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen ein weiterer Vortrag im Themenfeld Entrepreneurship statt. Herr Andreas Wittgen von der Firma P-Collection aus Balingen-Frommern präsentierte den E-Scooter "Speedy One", welchen die Firma derzeit auf den Markt bringen möchte.


Herr Wittgen berichtete zunächst über die Entwicklungsgeschichte der Idee, einen Elektroroller über das eigene Vertriebssystem anzubieten. Auslöser hierfür war ein Urlaub mit der Familie in den Vereinigten Staaten. Dort, so Herr Wittgen, seien E-Scooter inzwischen wesentlich präsenter als in Deutschland und gerade an Stränden sehe man sie doch recht häufig. Begeistert von den Einsatzmöglichkeiten dieser Scooter machte sich Wittgen nach dem Urlaub ans Werk und lotete Möglichkeiten aus, wie man einen solchen Artikel hierzulande vermarkten könnte und vor allem, welche Anforderungen an Produkt, Qualität, Sicherheit und Zulassung dafür erforderlich seien.


Langwieriges Zertifizierungsverfahren


Da die Firma P-Collection schon seit Jahrzehnten mit Sonnenbrillen, Reisetaschen, Koffersets und weiteren Accessoires im Geschäft ist und viele dieser Artikel über China bezogen werden, wird in China auch ein Büro der Firma unterhalten.  So war es für P-Collection ein Leichtes, auf Messen vor Ort mit den Anbietern und Produzenten von E-Scootern sowie deren Zulieferern in Kontakt zu kommen. Schnell stellte sich jedoch heraus, dass für eine Zulassung gemäß Kraftfahrtbundesamt (KBA) einige technische und formale Hürden genommen werden müssen und viele der bislang angebotenen Produkte nicht für die Sicherheitsbestimmungen und Anforderungen des Deutschen Marktes konzipiert seien. Zusammen mit der GTÜ, der Gesellschaft für technische Überwachung, arbeitete P-Collection Schritt für Schritt ein Lastenheft aus, um das Produkt mit einer Zertifizierung für die Zulassung durch das KBA in Deutschland zu ertüchtigen. Glücklicherweise konnte in China ein Anbieter von Stunt-Boards gewonnen werden, welcher Interesse an der Herstellung eines höherwertigen E-Scooters zeigte. Zusammen mit diesen Partnern reifte sukzessive die Idee eines E-Scooters, der sich gegenüber den meisten Konkurrenzprodukten durch folgende Eigenschaften auszeichnet:


- Große, gummibereifte Räder mit 8,5" Durchmesser

- Scheibenbremsen an Vorder- und Hinterrad (Verzicht auf Kickbremse / Elektrobremse)

- Hochwertige, stabile Verarbeitung

- Schnell auf- und zusammenklappbar

- Beleuchtung vorne und hinten

- Austauschbarer Akku

- Höchstgeschwindigkeit 20 km/h (in vielen EU-Ländern gilt 25 km/h)

- KBA-zugelassen und GTÜ-zertifiziert


Im Rahmen von Tests bei der GTÜ, bspw. Bremswege, Belastbarkeit, Stabilität und Sicherheit konnte letztlich die Zertifizierung erreicht werden, auch wenn zum Teil sehr viele Gespräche und Telefonate erforderlich waren, um alle Steine aus dem Weg zu räumen, so Wittgen.


Schwierig sei auch die Luftfracht der E-Scooter, da viele Fluggesellschaften aus Sicherheitsgründen den Transport von LiIon- oder LiPo-Akkus verweigern. Daher werde nun die erste Charge von "Speedy One" per Überseecontainer angeliefert. Auf Nachfrage von Studierenden erwähnte Herr Wittgen, dass der gesamte Prozess von der Neuproduktentwicklung über das Design bis hin zu den Tests, der Zertifizierung und der Marketingkampagne inzwischen einen "deutlich sechsstelligen" Aufwand erfordert habe. Allerdings ist Herr Wittgen überzeugt, dass das Produkt angenommen werde. Hierfür spreche der riesige Markt von bis zu 30 Mio. kaufinteressierten Kunden in Deutschland, von denen letztlich ca. 10% eine echte Kaufentscheidung treffen werden. Außerdem überzeuge das Produkt durch die weiter oben genannten Features.

Weitere Details wurden anschließend in der Diskussionsrunde erörtert. So sei es laut Herrn Wittgen sehr schwierig, mit chinesischen Firmen zu feilischen. Wenn einmal ein Betrag genannt worden sei, dann sei dieser auch verbindlich und praktisch nicht mehr verhandelbar. Ebenso betonte Herr Wittgen, dass er allein durch die ganzen Zulassungs- und Zertifizierungsverfahren viel Zeit auf dem Weg zum "Go Live" verloren habe. So sei auch die Versicherung der Firma P-Collection gegen Haftungsansprüche bspw. bei Rückrufen oder im Falle von Produktmängeln, welche die Firma den Kunden gegenüber schadensersatzpflichtig machen würde, ein sehr ernstes und langwieriges Thema gewesen. Inzwischen habe man jedoch die Allianz als Versicherungspartner gewinnen können.


Zubehör erhältlich


Um das Angebot "E-Scooter" noch attraktiver zu gestalten und als ganzheitliches Micro-Mobilitätskonzept anbieten zu können, stellte Andreas Wittgen auch noch entsprechendes Zubehör vor. Zu diesem Paket zählen bspw. ein Getränkeflaschenhalter für die Lenkstange, ein Smartphonehalter am Lenker, ein Bag für die Lenkstange oder das appgesteuerte Schloss SmartLock, mit dem man den E-Scooter via Smartphone ver- und entriegeln kann und das sich beim Verlassen eines Umkreises von 10 m um den Scooter selbständig aktiviert. Außerdem beinhaltet das Schloss zusätzlich noch einen 115 dB Alarmbuzzer, falls jemand im verriegelten Zustand an dem Schloss hantiert, es versucht zu öffnen oder es bewegt.

Insgesamt, so Wittgen, soll eine Hauptzielgruppe so von 14 (ab dem Alter darf man in Deutschland mit diesen E-Scootern mit max. 20 km/h fahren) bis ca. 30 Jahre angesprochen werden. Bei einem Preis von 998 € für die aktuelle Version des "Speedy One" erreicht man aber vermutlich eher zahlungskräftigere Kunden im Altersbereich bis ca. 60 Jahren.

Vermarktet werden soll der Scooter über Außendienstmitarbeiter. Eine Webseite mit einem Shop, Bedienungsanleitungen und der Möglichkeit, Zubehör zu beschaffen oder Ersatzteile anzufragen, rundet das Angebot ab. Dazu gehört auch die Abholung defekter Scooter beim Kunden in der Orginalverpackung und deren Reparatur in einem kooperierenden Servicebetrieb.


Studierende erarbeiten Nutzungskonzept

Im Nachgang der Veranstaltung werden Studierende des Wahlpflichtmoduls 3 - Entrepreneurship zusammen mit P-Collection ein Nutzungskonzept eines solchen E-Scooters für die Region Zollernalb erarbeiten. Ideen und Möglichkeiten hierfür gibt es schon viele. Bspw. könnte man sich vorstellen, den E-Scooter an Autohäuser zu verkaufen. So könnten Kunden, nachdem sie ihren Wagen in die Werkstatt gebracht haben, damit nach Hause oder zur Arbeit fahren und ggf. auch wieder zurück zur Werkstatt. Oder sie lassen sich ihr Auto bringen und der Scooter wird vom  Mitarbeiter des Autohauses zurückgefahren.

Für Albstadt und Umgebung ist vor allem die Topographie eine Herausforderung. Denkbar wäre, die Scooter an bestimmten Hotspots wie Bahnhöfe, Hotels oder an Wanderparkplätzen bereitzustellen, um Wanderern, die nicht mit dem Auto anreisen, vor bzw. nach der Wanderung eine gewisse Mobilität zu bieten, bspw. für einen Stadtbummel.

Auch eine Zusammenarbeit mit hiesigen Firmen im Rahmen einer Mobilitätslösung für ortsansässige Mitarbeiter wäre eine Idee.

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